Merkblätter zur Restaurierung der überschweren Kräder BMW R75 und Zündapp KS 750.
Monatlich über unsere Webseite
erhältlich.
www.wehrmachtsgespann.de
Nr. 76 |
Thema
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VerfasserH - P Hommes |
Datum© 2010 h-p hommes überarbeitet 2023 |
Die erste Winterausfahrt mit der Zündapp KS 750
Bevor wir unsere erste Winterfahrt nach Norwegen unternahmen, haben wir uns natürlich erst einmal schlau gemacht, was denn so an guter Ausrüstung notwendig wäre.
Unsere
Reise sollte in Kiel beginnen mit der recht komfortablen Fährfahrt nach Oslo.
Von dort ging es dann über die E16 nach Beitostølen, einem Wintersportort im
Gebirge. Dort sind noch nicht viele Wintersportler unterwegs, wenn die Kristall
Rally stattfindet, denn dann ist es dort noch mit bis zu minus 25°C zu kalt zum
Skilaufen.
Die Kristall Rally gilt als ein Muss für die richtig harten Hunde
unter den Motorradfahrern Europas.
Wir wollten dazugehören und planten deshalb
eine Reise dorthin mit drei Zündapp KS 750.
Aber Motorrad fahren bei minus 25°C
und mehr bedarf einer gewissenhaften Vorbereitung in Bezug auf Kleidung und Herrichten
des Gespanns.
Als
Motorradanzug
wählten wir einen zweiteiligen Thermoboy, bestehend aus Latzhose und Jacke, und
darunter die gute Angora-Unterwäsche. Den Thermoboy tragen in Norwegen fast
alle, die auf Schiffen oder draußen arbeiten. Der ist wirklich Spitze.
Bei über
0°C kann man sich in ihm nicht bewegen, ohne direkt ins Schwitzen zu geraten.
Bei den Stiefeln entschied ich mich für ein paar Moonboots. Die sind zwar klobig
wie Elbkähne, aber dafür total leicht und warm ohne Ende. Auch das Schalten ist
damit kein Problem.
Für die Hände
gab es ein paar amerikanische Fausthandschuhe mit langen Stulpen und
Fellbesatz oben drauf.
Dorthinein mit ein paar normalen Fingerhandschuhen und es gab keine kalten Hände
mehr.
Dann kam das Schwierigste.
Der Helm. Ich wählte als Brillenträger einen Integralhelm ohne Visier.
Eine Kühlhauskopfhaube mit auswechselbarem Mundschutz, der mit ein paar selbst angenähten Druckknöpfen befestigt wurde, war das Unterzeug im Helm.
Ich hatte mir
als Brillenträger eine doppelverglaste Skibrille besorgt, diese
auseinander gepult und dann mit Silikon zwei alte Brillengläser eingeklebt, denn
das Beschlagen der Brille kann einen bei einer Fahrt im Winter ganz schön
verunsichern.
Vergesst alle Beschlagfreien Tücher und Mittelchen. Wir hatten so
um die zehn verschiedene mitgenommen, um diese zu probieren.
Hätten besser eine
Flasche Rum mehr mitnehmen sollen.
Einen guter Schal stellte dann noch die
Verbindung zwischen Helm und Anzug her.
Jetzt warteten
wir nur noch auf den Wintereinbruch in Deutschland mit einem schönen kalten Tag,
um eine erste Probefahrt mit unserem Bekleidungsset zu unternehmen.
Aus
Norwegen hatten wir einen Schlafsack der Marke Ajungilak (das heißt
“Schlaf gut“) bezogen. Der Hersteller versprach Wohlbefinden auch noch bei einer
Temperatur von minus 25°C bei Windstille. Der Schlafsack hielt, was sein
Hersteller versprach.
Wenn schon eine
Extremfahrt in Eis und Schnee, dann aber richtig. Also wurden noch ein gutes
Igluzelt von Hellsport und eine selbst aufblasende Isomatte gekauft.
Anfang Dezember gab es bei uns im Rheinland einen mächtigen Temperatursturz und
kräftiges Schneetreiben setzte ein.
Darauf hatten wir gewartet. Wir trafen uns
am späten Nachmittag.
Georg, Guido und ich starteten von Viersen aus über die
verschneite Bundesstraße in Richtung Aachen, was so rund 70 km sind.
Es schneite
kräftig weiter, weshalb auch nur wenig Verkehr unterwegs war.
Die wenigen
Fahrzeuge, die an uns vorbeischlitterten, schauten etwas irritiert auf die drei
Gespanne mit den dickvermummten Fahrern.
In Aachen, wo wir relativ schnell
ankamen, kannten wir ein prima Steakhaus, wo wir uns erst einmal aufwärmten und
uns ein Abendessen gönnten.
Draußen schneite es nur noch leicht, doch die
Temperatur lag mittlerweile um die minus 10°C, als wir über die Himmelsleiter in
Richtung Schneeeifel fuhren.
Nach zwei Stunden aufregender nächtlicher
Schneefahrt sind wir dann bei einem kleinen Dorf auf einen Waldparkplatz
eingebogen.
Es hatte
aufgehört zu schneien und wir hatten eine mondklare, klirrend kalte Nacht
vor uns. Guido kramte ein paar Dosen Bier aus seinem Seitenwagen. Die Dosen
machten aber bereits dicke Backen und den Inhalt hätten wir nur noch als
Bier-Eis lutschen können.
Ich hatte in weiser Voraussicht eine kleine Flasche
Wodka mitgenommen. Unsere Kräder stellten wir so zusammen, dass nur eine Seite
unseres Lagerplatzes offen blieb. Dann legten wir unsere Thermomatten aus. Es
war nur so um die minus 15°C und wir hatten wegen des „warmen Wetters“ das Zelt
erst gar nicht mitgenommen.
Noch ohne
Erfahrung mit meinem neuen Schlafsack, hatte ich meinen Thermoboy angelassen.
Aber nach nur einigen Minuten merkte ich, dass das viel zu warm wurde.
Also
wieder raus und Jacke und Hose aus. Das Kopfteil des Schlafsacks hat eine
wunderbare Kapuze mit Kragen. Beide kann man von innen mit jeweils einer eigenen
Kordel dichtziehen, sodass nur noch Mund oder Nase frei bleiben. Ich hab dann
echt gut in meinem Ajungilak geschlafen.
Am nächsten
Morgen
war es zwar kalt, aber die Sonne war bereits über den Berg gekrabbelt und alles
sah recht hübsch aus.
So richtig Lust hatte keiner von uns, aus dem warmen
Schlafsack zu kriechen, als ein schwerer Geländewagen auf unseren
Übernachtungsplatz einbog und ein Stück vor uns parkte. Ein Ehepaar stieg aus.
Da unsere Motorräder und Schlafsäcke leicht mit Schnee verweht waren, hatten sie
uns nicht wahrgenommen. In dem Moment, als sie die Heckklappe ihres Autos
öffneten, erblickten sie die Motorräder und die davor liegenden schneebedeckten
Gestalten. Sie stutzen und wussten nicht, wie sie sich verhalten sollten.
Durch
die nun geöffnete Heckklappe sprang ein riesiger Bernhardiner heraus, lief
direkt zu uns und beschnupperte Guidos Schlafsack. Guido richtete sich auf, Hund
und Guido sahen sich interessiert an. Aber dann meinte Guido nur trocken: “Der
Bernhardiner hat ja gar kein Fass um den Hals, von dem lass ich mich nicht
retten.“ Der Hund machte kehrt und lief zu seinem Herrchen zurück. Jetzt wurde
es Zeit für uns aufzustehen.
Den ersehnten Kaffee konnten wir nicht kochen, da
unser mitgenommener Gaskocher einfach nicht funktionieren wollte. Ihm war es zu
kalt. Gas liebt es nicht zu kalt.
Unsere winterliche Probefahrt brachte folgende Erkenntnisse:
Der Gaskocher wurde von uns durch einen russischen Benzinkocher ersetzt. Dieser ist einfach und funktionsfähig bei jeder Temperatur. Nicht mal Brennstoff muss man für ihn mitnehmen, da er, wenn auch recht stark qualmend, auch mit normalem Benzin brennt.
Der Thermoboy spannte, wenn man auf dem Motorrad saß, stark an den Knien und die Kälte kroch von dort in den ganzen Körper. Wir nähten uns für jedes Bein ein Schafsfell mit außen wasserabweisendem Stoff, welches wir mit Gummistraps anlegten, wenn es mehr als minus 15°C kalt war. Das Schafsfell war wie eine Heizung, es half phantastisch gegen die Kälte.
Spare nicht an wirklich guter Ausrüstung wie Schlafsack, Zelt und Bekleidung, wenn Du eine Winterfahrt unternimmst.
Unsere Erfahrung bei der Reise in Norwegen (bis zu minus 32° Grad)
Am Allerwertesten wurde mit der Zeit ebenfalls recht kalt auf der dünnen Satteldecke. Ein Stück Thermomatte wurde passend zugeschnitten und mit Stoff zum Aufspannen versehen – schon fror der Hintern auch nicht mehr ein.
Die Druckknöpfe, die dazu dienen, den Mundschutz an der Kopfhaube zu befestigen, verursachten mir zwei kleine Erfrierungen im Gesicht. Ich hatte von innen keinen Stoff über das blanke Metall geklebt. Dadurch lagen die Druckknöpfe auf der Haut an und hinterließen zwei Stellen, die bis heute sichtbar sind.
Schwitzen
bei irgendwelchen Arbeiten, wie beim Starten oder Anschieben eines anderen
Gespanns, sollte tunlichst vermieden werden.
Es ist ratsam, alles so anzugehen,
dass man erst gar nicht ins Schwitzen kommt.
Pausen bei der Fahrt sind besser draußen in der Kälte zu verbringen, als sich in einem überheizten Lokal der Gefahr auszusetzen, danach verschwitzt auf das Motorrad klettern zu müssen und sich eine gewaltige Verkühlung zu holen. Ich spreche aus Erfahrung. Drei Mitfahrer, die unsere Warnung in den eisigen Wind schlugen, lagen dann bei dem Treffen mit dicker Erkältung und viel Fieber im Bett.
Hütten, einfach, warm und sauber für die Übernachtung findet man in allen kleinen Orten, die einen Campingplatz haben.
Tunnel
in Norwegen haben ihren eigenen Charakter. Besonders wenn sie sich von
Meereshöhe im Berg hochschrauben wie ins Hardangavidda.
Bei der Einfahrt hatten
wir minus 15°C und die Temperatur stieg dann im Tunnel an bis auf einige Grad
unter Null.
Die Luftfeuchtigkeit nahm enorm zu, alles beschlug und wurde feucht.
Bei der Ausfahrt kamen wir in die absolute Kälte mit minus 28-30°C und alles,
was eben noch feuchtnass war, wurde zu Eis. Das Visier und die Brille vereisten
auf einigen hundert Metern Fahrt noch im Tunnel und schränkten die Sicht sehr
ein. Dann hinaus aus dem dunklen, warmen Tunnel in die Kälte mit dem strahlenden
Weiß des Schnees, das einen total blendet. Die Kältedifferenzen und die
Luftfeuchtigkeit sind das eine Problem im Tunnel.
Ein anderes ist das Sehen. Bei Schnee und Sonne muss man mit einer stark getönten Brille fahren. Fährt man in den Tunnel ein, sieht man zuerst überhaupt nichts und reißt die Brille hoch. Aber es wird ja wärmer, je weiter man in den Tunnel einfährt und die Augen gewöhnen sich mehr und mehr an die dürftige Tunnelbeleuchtung. Visier/Brille beschlagen im Tunnel, und auch im Gesicht merkt man die hohe Luftfeuchtigkeit des Tunnels. Mit Freude erkennt man nach einiger Zeit das Ende des Tunnels. Jetzt fängt es aber wieder an, richtig kalt zu werden. Kurz vor der Ausfahrt wird dann die Brille aufgesetzt, diese ist aber nun total voll Eis und man fährt wie im Blindflug. Tunnel können in Norwegen bis zu 10 km lang sein. Das Beste ist, nach dem Tunnel einen kurzen Halt einzulegen und die Kleidung wieder entsprechend zu ordnen, denn die nächsten 50 km können es über minus 30°C werden und da muss jedes Kleidungsstück sitzen. Jede kleine Fläche Haut, die nicht richtig abgedeckt ist, kann erfrieren und das ist nicht lustig, besonders da man es zu Anfang nicht merkt.
Es ist ein Abenteuer, im Winter so eine Fahrt zu unternehmen.
Aber es ist ein kalkulierbares Abenteuer, wenn man sich entsprechend gut vorbereitet hat.
Mir hat es
Spaß gemacht und insgesamt bin ich sechs mal dabei gewesen.
..... ich weiß was der Satz bedeutet; "Sich den Arsch ab zu frieren"
Hans-Peter Hommes
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